Geschichte des Palais Lobkowicz

Das Palais Lobkowicz auf der Prager Burg ist eines der bedeutendsten Kulturdenkmäler der Tschechischen Republik und das einzige Gebäude in Privatbesitz im Prager Burgkomplex, welche zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört. Im Laufe der Jahrhunderte wurde das Palais Zeuge einiger der wichtigsten historischen Ereignisse in Böhmen.

Historische Ursprünge

Das Palais Lobkowicz wurde in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts von dem tschechischen Adeligen Jaroslav Pernštejn (1528-1569) erbaut. Es war Jaroslavs Schwägerin, Maria Maximiliana Manrique de Lara y Mendoza, Frau seines Bruders Vratislav, des Kanzlers des tschechischen Königreichs (1530-1582), die die berühmte Figur des Prager Jesulein aus ihrer Heimat Spanien in das Palais brachte, wo sie für ihre wundersame Heilkraft bekannt wurde. Die Figur wurde später von der Tochter von Vratislav und Maria Maximiliana, Polyxena (1566-1642), der Kirche Maria vom Siege in Prag geschenkt, wo sie bis heute ausgestellt ist und jedes Jahr Tausende von Besuchern anzieht. Eine Kopie des Prager Jesulein ist dauerhaft im Lobkowicz Museum ausgestellt.

Das Palais kam durch die Heirat von Polyxena mit Zdeněk Vojtěch, 1. Fürst Lobkowicz (1568-1628), in den Besitz der Familie Lobkowicz. In den Jahrhunderten nach der Eheschließung wurde der Palast Zeuge einiger der bedeutendsten historischen Ereignisse in Böhmen. Im Jahr 1618 spielte sich hier der berühmte Prager Fenstersturz ab, als protestantische Rebellen die katholischen Reichsminister aus den Fenstern des Königspalastes auf der Prager Burg warfen. Sie überlebten den Sturz und suchten Zuflucht im Palais Lobkowicz, wo sie vor weiteren Angriffen von Polyxena, der 1. Fürstin Lobkowicz, geschützt wurden.

Nach der Niederlage der protestantischen Fraktion in der Schlacht am Weißen Berg 1620 festigte die katholische Familie Lobkowicz ihren Einfluss und ihre Machtbasis für die nächsten drei Jahrhunderte. Das Palais Lobkowicz nahm eine formellere, kaiserliche Rolle ein und fungierte als Prager Residenz, wenn die Familie zu politischen und zeremoniellen Zwecken am Sitz des böhmischen Hofes präsent sein musste.

Mit Ausnahme der dreiundsechzig Jahre (1939-2002), in denen der Besitz von den nationalsozialistischen und später kommunistischen Mächten konfisziert wurde, gehörte das Palais stets der Familie Lobkowicz.

Bedeutende architektonische Merkmale

Nach dem Dreißigjährigen Krieg erfuhr das Schloss eine Reihe bedeutender Veränderungen, insbesondere unter Václav Eusebius, dem 2. Fürsten Lobkowicz (1609-1677). Ihm verdankt das Palais bedeutende barocke Umbauten und einige seiner aufwendig dekorierten Salons.

Václav Eusebius gestaltete das Palais in italienischer Manier um. Sein gestalterischer Einfluss spiegelt sich heute im Kaisersaal wider, dessen Wände mit Fresken mit Trompe-l'oeil-Kaiserstatuen bemalt sind, die von geometrischen Mustern, Blumen- und anderen dekorativen Motiven umgeben sind. Weitere Beispiele des italienischen Stils befinden sich im so genannten Konzertsaal und im Balkonsaal, deren Decken mit aufwändig gemaltem Stuck und prächtigen Fresken von F.V. Harovník geschmückt sind.

Im 18. Jahrhundert gab Joseph František Maximilian, 7. Fürst Lobkowicz (1772-1816), die Rekonstruktion des Äußeren des Palastes in Auftrag. Anlass war die Vorbereitung auf die Krönung Kaiser Leopolds II. zum König von Böhmen (1791) auf der Prager Burg. Zu den Umbauten gehörte auch die Errichtung der Panoramaterrassen, die die Besucher des Palais noch heute gerne genießen.

Trotz der verschiedenen Umbauten, die im Laufe der Jahre vorgenommen wurden, sind in den beiden Innenhöfen noch Reste der ursprünglichen Wandmalereien und Sgrafittoarbeiten aus dem 16. Jahrhundert erhalten.

Jüngste Geschichte

Nach dem Ersten Weltkrieg und nach der Abschaffung der Adelstitel im Jahr 1918 bekundete Maximilian Lobkowicz (1888-1967), Sohn von Ferdinand Zdenko, 10. Fürst Lobkowicz (1858-1938), seine Unterstützung für die junge Erste Republik der Tschechoslowakei, indem er der Regierung unter dem Präsidenten und Gründervater der Ersten Tschechoslowakischen Republik, Tomáš G. Masaryk, mehrere Räume im Palais zur Verfügung stellte.

Im Jahr 1939 beschlagnahmten die einfallenden Nazitruppen das Palais zusammen mit allen anderen Besitztümern der Familie Lobkowicz. Das Palais wurde 1945 zurückgegeben, nur um nach der kommunistischen Machtübernahme 1948 wieder beschlagnahmt zu werden. In den folgenden vierzig Jahren wurde das Palais für verschiedene Zwecke genutzt, unter anderem für staatliche Ämter und als Museum für Tschechische Geschichte.

Nach der Samtenen Revolution von 1989 und dem anschließenden Fall der kommunistischen Regierung erließ Präsident Václav Havel eine Reihe von Gesetzen, die die Rückgabe konfiszierten Eigentums ermöglichten. Nach einem zwölfjährigen Rückgabeprozess wurde die Familie Lobkowicz im Jahr 2002 erneut rechtmäßiger Besitzer des Palais.

Am 2. April 2007 wurde das Palais nach mehr als vier Jahren Planung, Restaurierung und Renovierung zum ersten Mal als Lobkowicz Palaismuseum, das einen Teil der Lobkowicz Kunstsammlungen beherbergt, der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Diese Wiedereröffnung des Palais bereichert eine wichtige kulturelle Anlage im Herzen Europas.